Hoher literarischer Besuch erwartete die Gäste der QL-Auftaktveranstaltung zum Jahresthema „Auf Bruch“ am 09. Oktober im Vortragssaal des Quartier Leech. Der Schriftsteller und Weltenreisende Christoph Ransmayr war zu Gast und las u. a. Erzählungen aus seinem Buch „Atlas eines ängstlichen Mannes“. Von Nepal über Bolivien bis ins Grenzgebiet von Ruanda, Kongo und Uganda nahm er seine Zuhörer auf eine literarische Reise mit. Die Erzählkunst Ransmayrs ließ eintauchen in diese Mikrokosmen: so erzählte Ransmayr von der geradezu schatzhaften Bedeutung einer Glasflasche für einen nepalesischen Sherpa, von der Erfahrung des Beschusses durch bolivische Jagdflieger und was man in so einer Situation am besten tue und von seiner Begegnung mit einem Silberrückengorilla in den Regen- und Nebelwäldern des Ruwenzori-Gebirges, dessen Gesten und Laute man imitieren müsse, um von ihm in seiner Nähe akzeptiert zu werden. Die Geschichten sind dabei mehr als bloße Reiseberichte, denn was Ransmayr in ihnen entfaltet, waren ganze Panoramen mit ihren je eigenen und allzu realen Horizonten: von ungerechter Wasserverteilung in Afrika und den dort erlebbaren Folgen des Kolonialismus selbst für die Tierwelt bis hin zu der furchteinflößenden und lähmenden Wirkung eines Militärputsches in Südamerika ermöglichte der Schriftsteller an diesem Abend seinen Zuhörern ein Eintauchen, das sprachliche Großporträts in den Köpfen entstehen ließ.
Im Gespräch mit der Literatur- und Kulturjournalistin Imogena Doderer (ORF) wurde die Reiselust Ransmayrs, die ihn bereits an den Nordpol geführt hatte, zum Thema. Überall könne man daheim sein, meinte dabei der gebürtige Oberösterreicher, denn bei Heimat geht es weniger um einen konkreten Ort als vielmehr um eine Haltung. Eine Antwort, die gut zu der Ehrung prämierter Texte des Poetry-Wettbewerbs „Heimat finden in der Welt und in dir selbst“ passte, die vor Ransmayrs Lesung im Rahmen der QL-Auftaktveranstaltung stattfand.